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Der Alltag der Bauern in der Ständegesellschaft
(Teil 1 von 3)
Die kirchliche Ständelehre im Mittelalter
Die Bauern, der 3. Stand,
trägt die Last der anderen zwei Stände"
ie Bewertung des Bauern-standes im Mittelalter beruhte wesentlich auf der kirchlichen Ständelehre, derzufolge die Bauern den untersten, niedersten Stand ausmachten, der die höheren Stände (Klerus und Adel) zu tragen und ernähren hatte.
Dabei waren bäuerliche Knechtschaft und Mühsal als gottgewollte Strafen für sexuelle Verwilderung anzusehen und als Folge von Noahs1 Fluch (Genesis 9,21-272) über seinen unehrerbietigen Sohn Ham und dessen Nachkommen.
Den ersten Bauern erkannte man bezeichnenderweise in dem Brudermörder Kain.
Noah verflucht seinen Enkel Kanaan
Die Bauernschaft galt demnach, zumindest deren höriger Teil, als verstandes- und willenlos, bildungsunfähig und triebhaft, fast schon Tieren gleich. Dementsprechend wurde der Bauer in der Dichtung und auf der Bühne zur Spottfigur.
Der Lebensstandard der Masse der bäuerlichen Bevölkerung blieb bis zum Ende des 15. Jahrhundert auf niedrigem Niveau, wie aus einer zeit-genössischen Schilderung hervorgeht:
Das Leben der Bauern "ist ziemlich bedauernswert und hart. Ihre Hütten bestehen aus Lehm und Holz, ragen wenig über die Erde empor, sind mit Stroh bedeckt. Geringes Brot, Haferbrei, gekochtes Gemüse ist ihre Speise, Wasser und Molken ihr Getränk. Ein leinener Rock, ein Paar Stiefel, ein brauner Hut ist ihre Kleidung."
Omnium gentium mores, leges et ritus, um 1520
ein Bauernhof im Mittelalter
Die Dichtung des 13. Jahrhunderts (z.B. "Meier Helmbrecht" oder "Kleiner Lucidarius") stellte den Unterschied zwischen Herrenspeisen und dem "gemeinen" Essen der Bauern heraus; letzteres habe zu bestehen aus gehobeltem Kraut oder Rüben, zusammengekocht mit geringer Fleischeinlage, Brei aus Gerste oder einem Roggen-Hafer-Gemenge, Suppen mit Einlagen aus Teigwaren, Eiern oder Eingeweiden. Fisch sollte den Bauern nicht einmal als Fastenspeise zugestanden sein.
1 Noah hatte 3 Söhne: Sem, Ham und Jafet, auf die in der sogenannten Völkertafel der Genesis die damals den Hebräern bekannten Völker zurückgeführt werden: Semiten, Hamiten (dunkelhäutige Afrikaner), Jafetiten
2 Genesis 9,21-27 = 21 Und er trank von dem Weine und ward trunken, und er
entblößte
sich in seinem Zelte. 22 Und Ham, der Vater Kanaans, sah die
Blöße seines Vaters und berichtete es seinen beiden Brüdern
draußen. 23 Da nahmen Sem und Japhet das Obergewand und
legten es beide auf ihre Schultern und gingen rücklings und bedeckten
die Blöße ihres Vaters; und ihre Angesichter waren abgewandt,
und sie sahen die Blöße ihres Vaters nicht. 24 Und
Noah erwachte von seinem Weine und erfuhr, was sein jüngster Sohn
ihm getan hatte. 25 Und er sprach: Verflucht sei Kanaan! Ein
Knecht der Knechte sei er seinen Brüdern! 26 Und er sprach:
Gepriesen sei Jehova, der Gott Sems; und Kanaan sei sein Knecht! 27 Weit
mache es Gott dem Japhet, und er wohne in den Zelten Sems; und Kanaan
sei sein Knecht!
Damit wurde von Christen später die Versklavung dunkelhäutiger
Völker
biblisch gerechtfertigt und von Juden erstmals die Ausrottung der Kanaaniter
als Gottes Wille angesehen.