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Die Lage im Königreich Württemberg

(Teil 1 von 2)

Württemberg nach 1806
Württemberg nach 1806

friedrich I., der von 1806-1816 als erster württembergischer König von Napoleons Gnaden, regierte, strukturierte die gesamte Verwaltung nach französischem Vorbild um, d.h. ein zentral organisierter absoluter Einheits-staat.

Um das zu verwirklichen wurde die altständische1 Verfassung mit lokaler Selbsverwaltung und Gerichtsbarkeit staats-streichartig beseitigt.

Friedrichs vordringliches Interesse galt aber nicht nur dem Aufbau der Zentralisierung der Staatsverwaltung, sondern auch dem Aufbau des Heeres.

Residenzschloss Ludwigsburg
Residenzschloss Ludwigsburg

Das verschwenderische Hofleben in den Residenzstädten Stuttgart und Ludwigsburg kostete Unsummen, die die Bevölkerung aufbringen musste.

 

Friedrich II. von Preußen
Friedrich II. von Preußen

Friedrich I., der politisch und militärisch am Hof Friedrichs II. von Preußen geschult worden war und vormaliger Generalleutnant in russischen Diensten gewesen war, orientierte sich mit absolutistischen Herrschaftsstil an den Vorbildern des Preußenkönigs und denen des Zaren Peter I..

Große Teile der Bevölkerung Württembergs waren schwersten Bedrückungen und tiefgreifenden Veränderungen in allen Lebensbereichen ausgesetzt.

 

Allein in den Jahren von 1806 bis 1814 wurden 2.342 Reskripte, Dekrete und Verordnungen erlassen.

Im Alltag war das deutlich spürbar. Württemburg war ein moderner Polizeistaat geworden, der mit Überwachungsmaßnahmen, Presse- und Bücherzensur und, ab 1807, mit einem Auswanderungsverbot seine Bürger politisch entmündigte und somit gleichzeitig den Boden für eine große Sehnsucht nach persönlicher und gesellschaftlicher Freiheit bereitete.

 

Armut

1815 war die Grundsteuer so hoch, dass sie 80% des Reinertrags der Bauern ausmachte und 3 Jahre später betrug sie immer noch 32%.

Das schnelle Wachstum der Bevölkerung führte zu Überbevölkerung und durch die Realteilung2 zu einer voranschreitenden Zerstückelung der Bauernhöfe, was eine Überbesetzung im handwerklichen Bereich zur Folge hatte.

Selbst die besten Handwerker und Gewerbetreibenden fanden oft nicht genügend Arbeit, um ihre Familien ernähren zu können.

 

französische Soldaten plagen einen württembergischen Bauern
französische Soldaten plagen einen Bauern

Die Bauern aber litten schon seit den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts unter den Requirierungen und Plünderungen durchziehender französischer Heere und Besatzungstruppen, die vielerorts schwere Verwüstungen hinterließen.

 

 

französische Truppen in Württemberg
französische Truppen in Württemberg

Die Jahre von 1792-1815 waren im Südwesten Deutschlands gekennzeichnet durch ununter-brochene Kriegshandlungen mit allen Folgen und Lasten, wie zahlreiche Kriegstote, Invaliden, erhöhte Abgaben, Beschlag-nahmungen, Verpflegung durch-ziehender und stationierte Truppen, Verwüstungen, Gewalt-tätigkeiten usw..

Frondienst

 

Einquartierungen, Vorspanne und das teilweise bis zu 5 Tagen in der Woche Fronen hinderten die Bauern daran, ihre Felder zu bestellen.

 

Von der damaligen Zeit schreibt Wilhelm Heinrich Riehl in seiner Novelle "Der Stadtpfeifer" über die französischen Soldaten:

,,Da werde es Einquartierung geben, Erpressung, Plünderung, wenn man so einem verfluchten Franzosen nicht die Perücke mit Goldstaub pudere, die Stiefel nicht mit Mandelöl schmiere und das Gewissen mit Krontalern, dann schlage er das ganze Haus zusammen".

Wilhelm Heinrich Riehl: Der Stadtpfeifer, Hermann Laatzen Verlag, Erstveröffentlichung 1847, S. 2

 

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1 Stände= ständische (rechtlich und sozial abgeschlossene Gruppen) Volksvertretung; siehe die Einteilung der mittelalterlichen Ständeordnung.

2 Durch die Realteilung wurde der Besitz einer Familie, insbesondere der Landbesitz, real unter den Erbberechtigten aufgeteilt. Diese Aufteilung fand bei jedem Erbgang statt, sodass die Anzahl von Kleinstparzellen mit der Zeit anstieg. In der Landwirtschaft führte die fortgesetzte Realteilung zu einer Zersplitterung des Ackerlandes in eine Vielzahl kleiner Äcker, oft in Form schmaler Streifen. Die Realteilung führte in Altwürttemberg dazu, dass di Äcker bald zu klein waren, um eine Familie zu ernähren, deshalb gab es in Württemberg schon früh Nebenerwerbslandwirte, die nebenbei ein Handwerk betrieben. Gleichzeitig sicherte das ererbte Gut einen Mindestunterhalt, denn man erbte nicht nur ein Stück Acker, sondern auch einen Anteil am elterlichen Haus. Allerdings waren das oft nur einzelne Zimmer, in denen sich ganze Familien zusammendrängten.

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